(Es folgt ein Auszug aus dem Atlas von Autor Martin Fanzke)
Ohman ist eine große Insel im kalten Nordwesten von Palea, weit vom Festland entfernt. Wer sich dem Land nähert, erblickt eine karge, aber malerische Küstenlinie, die aus unzähligen kleinen Buchten, Nehrungen und vorgelagerten Inseln besteht.
Die Sommer sind kurz und die Winter extrem hart. Im Süden wird die Landschaft von zerklüfteten Bergen und finsteren Nadelwäldern dominiert. Je weiter man nach Norden kommt, umso flacher wird das Gelände und umso spärlicher der Pflanzenwuchs. Nach und nach verschwinden die Bäume, schließlich auch die Moose und Flechten, bis das Land sich in eine vollkommene Wüste wandelt.
Schneidender Wind bläst über endlose Ebenen aus ewigem Eis. Obwohl sich nur sehr selten Menschen in diesen Teil von Ohman verirren, war und ist er nicht leblos.
Es gibt Wildtiere, die mit den harten Bedingungen zurechtkommen. Sie dienen ihrerseits als Nahrung für die gefürchteten Yaggoch. So nennen die Einwohner massige Kreaturen mit struppig weißgrauem Fell; Fremde vom Festland bezeichnen sie hin und wieder als Schneeoger oder -trolle, weil Größe und Statur der Yaggoch an diese erinnern.
Die menschlichen Einwohner der Insel leben größtenteils im etwas milderen Süden. Gemessen an der Weite des Landes ist ihre Zahl recht gering: Sie werden selten älter als vierzig Jahre und auch die Sterblichkeit unter Kindern und Neugeborenen ist groß.
Da nur in einigen geschützten Tälern überhaupt Ackerbau möglich ist, stellt die Ernährung des Volkes das größte Problem dar. Die meisten Menschen leben von der Jagd und dem Fischfang.
Einige Familien folgen den Herden einer kleinen Rentierart namens Aribeh und den großen weißen Senmar-Hirschen. Beide finden selbst im tiefsten Schnee noch Nahrung und sichere Wege durch das tückische Gelände. Die Menschen machen auch Jagd auf die riesigen Wollnashörner, die nur auf Ohman zu finden sind.
Diese Tiere sind überaus gefährlich, wenn sie angegriffen werden, aber sie liefern den mutigen Jägern gewaltige Mengen an Fleisch, Fett, Wolle und Leder. An den Küsten sind Robben und Walrosse die bevorzugte Jagdbeute. Allerdings machen Wölfe, weiße Bären und anderen Raubtiere, für die es auf dem Festland keinen Namen gibt, den Ohmani ihre Beute streitig.
Auch den Menschen können sie leicht gefährlich werden…
Auffällig an den Einwohnern ist, dass sie offenbar aus dem Süden stammen: Sie sind hoch gewachsen und schlank, haben dunkle Haut und schwarzes Haar.
Auch manche Merkmale ihrer Kleidung, Bauweise und Handwerkskunst deuten auf einen Ursprung im Süden Paleas hin. Die wenigen Gelehrten, die sich mit der Kultur der Ohmani auseinandergesetzt haben, haben unterschiedliche Thesen darüber aufgestellt, aus welchem Teil des Kontinents sie ursprünglich stammen.
Auch die Einwohner selbst kennen ihr Ursprungsland nur aus alten Geschichten längst vergangener Tage. Sie sprechen nicht gerne mit Fremden über die Vergangenheit ihres Volkes, aber wer den Liedern und Geschichten lauscht, die sie abends am Feuer vortragen, kann einiges darüber erfahren. Möglicherweise existiert ihre ursprüngliche Heimat heute gar nicht mehr: Sie könnte im Meer versunken oder auf andere Weise untergegangen sein.
Man kann die Erzählungen so interpretieren, dass die Ahnen der Ohmani einst den Zorn ihrer Götter auf sich gezogen haben, vielleicht durch einen lasterhaften Lebensstil. Schließlich beschworen sie so die Verbannung aus ihrem Land herauf und siedelten sich nach langen Irrwegen auf Ohman an.
Im Sommer jedoch werden die kleinen Häfen gerne von Händlern angefahren.
Für einige Waren, die sich auf dem Festland billig einkaufen lassen, zahlen die Ohmani hohe Preise – üblicherweise mit Gold aus ihren Flüssen und mit dem Elfenbein der Walrosse. Das begehrteste Gut der Insel ist das Horn der Wollnashörner.
Während es für die Einheimischen nur ein Werkstoff für Schnitzarbeiten ist, werden ihm in anderen Ländern mystische Eigenschaften zugesprochen. Zauberer und Alchimisten des ganzen Kontinents zahlen horrende Summen dafür. Das garantiert den Handelsfahrern hohe Profite und rechtfertigt die beträchtlichen Risiken der wochenlangen Überfahrt.
Trotz dieses Reichtums hat bisher keine fremde Macht versucht, Ohman zu erobern, um sich den alleinigen Zugriff auf die wertvollen Rohstoffe zu sichern. Dafür wäre es nötig, ganze Flotten über das Meer zu schicken und dauerhafte Garnisonen einzurichten, die auch über den Winter versorgt werden müssten. Das scheint weniger lukrativ zu sein als der Handel. Daher konnten die Ohmani bislang ihre Unabhängigkeit bewahren.
Viele Geschichten und Ideen über Ohman erreichten über mutige Seefahrer das Festland…
Die meisten Geschichten drehen sich aber um den hohen Norden. Insbesondere das Rätsel des Tunnelnetzwerks regt die Phantasie an, aber noch mehr Geheimnisvolles wird in der Eiswüste vermutet. Dort sollen starke Quellen magischer Energien zu finden sein und es ist die Rede von Wesen aus purem Eis, die sie bewachen sollen.
Ohmanische Jäger, die auf ihren Streifzügen weit in die Eiswüste gelangt sind, berichten immer wieder von Begegnungen mit diesen Kreaturen. Erst kürzlich verschwand eine Expedition unter Führung der nieldanischen Zauberin Mariella Lamardi bei dem Versuch, der Sache auf den Grund zu gehen.
Was nur ist dieser Expedition zugestoßen, dass sie ohne jede Spur verschwand? Bislang haben sich noch keine mutigen Abenteurer getraut, der Sache auf den Grund zu gehen…
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