(ein Bericht von Autor Martin Franzke)
Es ist längst kein Geheimnis mehr: Zu unserer Spielwelt, dem Kontinent Palea, wird es bald einen Atlas geben. Es ist ein lange geplantes Projekt, dessen Grundsteine schon vor vielen Jahren gelegt wurden. Unter der Leitung von Sebastian Witzmann, dem geistigen und kreativen Vater von Aborea, arbeitet ein Team von Autoren daran, dieses Vorhaben nun endgültig in die Tat umzusetzen. Mein Name ist Martin Franzke und ich habe das Glück, zu diesem Team zu gehören. Ich möchte Euch heute einen Blick hinter die Kulissen ermöglichen und beschreiben, wie die Texte entstehen, die Ihr hoffentlich bald schon in gedruckter Form in Händen halten werdet.
Wie in jedem Team gilt auch bei uns: Alles steht und fällt mit der Verteilung der Aufgaben. Der Atlas wird aus vielen Texten bestehen, größtenteils Beschreibungen der einzelnen Länder oder Regionen und ihrer Bewohner. Diese Arbeit wurde in eine Reihe von Paketen aufgeteilt. Normalerweise handelt es sich um ein einzelnes Land, manchmal aber auch mehrere, die miteinander zusammenhängen und gemeinsam beschrieben werden sollen. Aus dieser Liste wählen die Autoren ihre Aufgaben aus – jeder im Rahmen seiner zeitlichen Möglichkeiten, denn keiner von uns macht das hauptberuflich.
Ich schaue die Liste der zu bearbeitenden Pakete durch. Nach einem Blick auf die Karte entscheide ich mich dafür, das Land Ohman zu beschreiben – eine große, frostige Insel ganz im Nordwesten, weit weg vom Festland. Die einzigartige Lage und Landschaft haben mein Interesse geweckt.
Zu dem ausgewählten Paket fertigt der Autor zunächst ein Exposé an. Das ist eine knappe, stichpunkthafte Zusammenfassung der Gedanken, die er sich zu dem Land gemacht hat. Dabei ist viel Raum für eigene Ideen, aber manches ist auch vorgegeben. Schließlich entsteht der Atlas nicht aus dem Nichts. Die Spielwelt von Aborea wächst und reift seit vielen Jahren heran, und im Lauf der Zeit ist eine Menge Material entstanden, das vielleicht niemals veröffentlicht wird, aber als wichtige Grundlage unserer Arbeit dient. Zu jedem Paket gibt es bereits Informationen, die berücksichtigt werden müssen. Angaben zur Landschaft, dem Klima und der Bevölkerungsdichte, zu Wanderbewegungen der ansässigen Volksstämme, zu historischen Ereignissen im Land selbst oder seiner Nachbarschaft. Denn natürlich dürfen auch die Nachbarländer nicht außer Acht gelassen werden. Bei den ersten Regionen, die wir beschrieben haben, waren wir noch sehr frei, denn die umliegenden Länder waren ebenfalls noch weiße Flecken. Doch je weiter unser Werk voranschreitet, umso klarer wird auch das politische und wirtschaftliche Gefüge auf dem ganzen Kontinent. Welche Rolle die neue Region auch in Bezug auf ihre Nachbarn spielt, gehört natürlich mit in das Exposé. Zusammen mit Informationen über die Einwohner, ihre Regierungsform, Gesellschaftsstruktur und Lebensweise, Besonderheiten in der Landschaft, der Tier- und Pflanzenwelt … In diesen Bereichen sind unserer Phantasie kaum Grenzen gesetzt und jedes Teammitglied hat die einmalige Möglichkeit, seine eigenen Fußspuren auf Palea zu hinterlassen.
Ich weiß schon, dass Ohman überwiegend von Menschen bewohnt wird. Ein paar Daten zum Paket, die geographische Lage und die Darstellung auf der Karte geben mir wichtige Hinweise, wie das Leben dort sein muss. Hart auf alle Fälle. Große Städte scheint es nicht zu geben, viel fruchtbares Ackerland auch nicht. Wie lebt man in so einem Land? Die Kulturen der Samen und der Inuit können mir ein paar nützliche Anhaltspunkte liefern, aber wir schreiben ja den Atlas einer fiktiven Welt voller Mythen und Magie, also achte ich darauf, nicht zu viel zu übernehmen. Stattdessen bemühe ich mich, die Anregungen aus der Realität mit Fantasyelementen zu kombinieren. Glücklicherweise kommen mir dazu rasch ein paar Ideen.
Das Exposé wird dann Sebastian Witzmann, dem Hauptautor, vorgelegt. Er ist derjenige mit dem Masterplan; er hat das klarste Bild davon, wie Palea letztlich im Ganzen wirken soll. Dementsprechend gibt er Feedback, ob und wie das Exposé noch verändert werden muss. Vielleicht hat er auch noch Fragen, weil etwas unklar formuliert war, oder zusätzliche Einfälle. Viele Exposés müssen einmal oder mehrmals überarbeitet werden, bevor alle Unklarheiten beseitigt sind und ein rundum stimmiges Bild entsteht. Manche bekommen aber auch direkt die Freigabe zur Ausarbeitung.
Meine Grundgedanken gefallen Sebastian. Er weist mich allerdings darauf hin, dass Ohman ein ziemlich großes Land ist. Neben den Siedlungen und Wanderungsgebieten der Ohmani bleibt noch Raum für sehr viel mehr! Ein paar Ideen liefert er auch schon mit, was es mir einfach macht, das Exposé zu überarbeiten. Die Region ist jetzt wesentlich vielseitiger. Es sind gleich mehrere Geschichten und Gerüchte über die Gegenden hinzugekommen, in denen kaum oder keine Menschen leben. Das bietet Ansatzpunkte für Abenteuer – und darauf kommt es natürlich besonders an! Nach abermaligem Feedback und einer zweiten Überarbeitung ist es dann soweit: Der Text kann ausgearbeitet werden.
Nun muss aus dem Exposé ein erster Textentwurf werden. Was vorher nur stichpunkthaft vorgelegen hat, wird jetzt ausformuliert. Das Ziel ist ein flüssiger, in sich schlüssiger, interessanter und lesenswerter Text. Fehlerfrei sollte er natürlich auch noch sein. Welchen Umfang er annimmt, ist dabei nicht nur dem Zufall und der Schreibwut des Autors überlassen: Es gibt schon Pläne, wie der Atlas später gelayoutet werden soll; dementsprechend ist bekannt, wie viele Wörter durchschnittlich auf eine Seite passen. Manche Länder sollen später eine Seite füllen, andere zwei oder drei. Dadurch ergibt sich eine Wörterzahl, die beim Ausformulieren in etwa einzuhalten ist. Auch der Textentwurf wird dann wieder vorgelegt und, falls nötig, einmal oder mehrmals überarbeitet. Nicht alle Einfälle, die im Exposé noch vielversprechend aussahen, fügen sich letztlich gut in den Text. Manches Detail wird jetzt vielleicht doch noch gestrichen. Allerdings werden gute Ideen nicht gekürzt – so passiert es manchmal, dass ein ursprünglich für eine Seite geplanter Text förmlich auf drei Seiten explodiert.
Ohman ist nun von einer Stichpunktsammlung zu einem Text geworden. Ich habe alles, was im Exposé geschrieben stand, ausformuliert und miteinander verknüpft. Außerdem war noch Platz für einige Details, die mir erst jetzt eingefallen sind. Am Ende bin ich recht zufrieden mit meinem Werk. Im fertigen Atlas wird Ohman vermutlich zwei Seiten füllen. Sebastian teilt diese Ansicht und so kann die frostige Insel zur nächsten Station weitergegeben werden.
Hat ein Textentwurf die erste Hürde genommen, steht er augenblicklich vor der nächsten: Dem Fachlektorat. Die Aufgabe des Fachlektors Tobias Freund ist es, alle Texte noch einmal mit kritischem Blick nach Unklarheiten und inhaltlichen Fehlern zu durchsuchen. Es geht darum, ob die Regionalbeschreibung in sich (und auch im Gesamtbild) schlüssig ist. Der Autor weiß natürlich, was er sich dabei gedacht hat, das Land auf diese Weise zu beschreiben. Aber wirkt der Text auch logisch für einen Leser, der diese Gedanken des Autors nicht kennt? Genau diese Frage stellt der Fachlektor. Denn auch in einer Fantasywelt, in der sich Vieles durch Wunder und Magie erklären lässt, geht es nicht ohne Logik. Gegebenenfalls geht der Text dann noch einmal an den Autor zurück, um abermals überarbeitet zu werden.
Viel hatte Tobias nicht auszusetzen, aber ein paar Kleinigkeiten waren es doch. Zum Beispiel musste ein Wesen, das auf der Insel lebt, etwas genauer beschrieben werden und einen passenderen Namen bekommen. Hier und da war eine Formulierung etwas missverständlich, eine Überleitung nicht ganz flüssig. Aber jetzt ist auch dieser dritte Schritt geschafft! Die Insel Ohman hat Gestalt angenommen – erst in meinem Kopf, dann in Textform, bald hoffentlich auch im Rollenspiel! Es ist mein erster Beitrag zum ABOREA-Atlas, dem in den Wochen darauf viele weitere folgen.
So weit, so gut.
Aber wer schon einen Blick auf die Karte von Palea geworfen hat, weiß, dass Ohman nur eines von vielen Ländern ist. Doch auch wenn zu allen Regionen ein Exposé erstellt, ein Text ausformuliert und dieser vom Fachlektor abgesegnet ist, ergeben sie zusammen noch keinen Atlas. Weitere zeit- und arbeitsintensive Schritte folgen. Zunächst haben haben wir eine Sammlung von Artikeln, die alle mehr oder weniger für sich alleine stehen; damit aber eine lebendige Spielwelt daraus wird, müssen sie noch miteinander verknüpft werden. Wie schon gesagt, wurden beim Erstellen der Exposés natürlich die Nachbarländer berücksichtigt, sofern sie schon vorhanden waren – aber was ist mit denen, die erst später kamen? Viele Ideen, die mit jüngeren Texten eingebracht wurden, betreffen auch ältere. Es ist also notwendig, alles noch einmal im Kontext zueinander zu betrachten und Verbindungen herzustellen. Außerdem soll der Atlas nicht nur Regionalbeschreibungen enthalten, sondern auch weitere Inhalte – ich will noch nicht zu viel verraten, aber wir arbeiten nebenher auch an anderen Texten.
Parallel dazu entstehen die Illustrationen und das Layout. Sie geben letztlich den Ausschlag, ob ein Text vielleicht noch einmal gekürzt oder verlängert werden muss, um den vorhandenen Raum ideal auszufüllen.
Und dann, last but not least, geht es an die abschließenden Korrekturen: Zeichen- und Rechtschreibfehler, Wortwiederholungen und ungeschickte Formulierungen werden vom Sprachlektorat ausgemerzt. Erst wenn das alles abgeschlossen ist, kann der Atlas gedruckt und ausgeliefert werden – und bei uns können die Korken knallen!
Das klingt ja schonmal sehr vielversprechend, ach was sag ich denn, auf unsere 13 Männer ist schon verlass ;). Ich freue mich jedenfalls wie ein Schneekönig :3.
😀
Danke für das Lob.
Wir arbeiten jedenfalls fleißig.