Der “richtige” Spielercharakter

Gibt es den „richtigen“ Charakter?

Jeder von euch, der diesen Blogeintrag liest, wird es wohl kennen: Die Qual der Wahl bezüglich der Charaktererschaffung. Es gibt so viele Möglichkeiten, die es auszuprobieren gilt, so viele Für und Wider für den neuen Charakter, mit dem man in den nächsten Monaten oder sogar Jahren eine Menge Zeit verbringen wird. Man wird mit ihm fühlen, man wird sehen, was er sieht, man wird leiden, wenn er leidet.

Bevor es überhaupt daran geht, den Charakter detailliert zu formen, liegt schon die erste, gar nicht so einfache Entscheidung an: Welches Geschlecht soll denn der eigene Spielercharakter haben?

Wird es eine Frau? Oder ein Mann?
Möchte ich, als Frau, mich ausleben und einmal einen männlichen Charakter darstellen, mich hineinversetzen in das andere Geschlecht und einfach mal nach Herzenslust ausprobieren, wie sich solch eine Rolle anfühlt?

Ich für meinen Teil kann sagen: Bislang habe ich selbst immer nur weibliche Charaktere gespielt, ich kenne aber einige Spieler, die sich grundsätzlich das andere Geschlecht für ihren Charakter aussuchen.

Bei ABOREA erschafft ihr euch einen Charakter, indem ihr zunächst einmal eine Klasse auswählt. Da geht also die Suche nach dem „richtigen“ Spielcharakter bereits weiter.

Möchtet ihr ein Mensch sein, wie ihr es nunmal im wahren Leben auch seid?

Oder ist der elegante, ja, fast schon filigrane Elf eher das, was ihr verkörpern möchtet?

Der wuchtige Zwerg, der dafür bekannt ist, gerne einmal zuzuschlagen und der dem Humpen Bier nicht abgeneigt ist, wäre allerdings auch eine Möglichkeit. Wäre nicht jeder einmal gerne so ein richtiger „Haudrauf“?

Die Halblinge sind dafür bekannt, naturverbunden zu sein und in vielen Fällen geschickte Handwerker. Und da wären dann noch die Gnome, die Meister der Mechanik. Alles interessante Eigenschaften, die man ausprobieren könnte.

Noch nicht genug der Entscheidung, auch die Wahl eines Berufes steht ja noch an. So viele wohlüberlegt sein, in welche Richtung die Berufswahl gehen soll. Will ich einmal ausprobieren, wie sich ein Barde im Spiel anfühlt? Oder soll es doch lieber der Krieger werden? Kann man den Krieger nicht häufiger gut gebrauchen, als den Barden? Oder vielleicht ist doch ein Priester oder gar Zauberer unabdinglich für die Gruppe?

Entscheidungen treffen

Es gibt unterschiedliche Herangehensweisen, wie man diese Entscheidungen treffen kann.
Möchte ich für mich selbst als Spieler eine Erfahrung machen, die ich noch nicht kannte? Mich an etwas Neuem versuchen? Entscheide ich allein dadurch, welche Dinge mir selbst Freude bringen?

Oder schaue ich etwas weiter und stelle Vermutungen an:
Welcher Charakter würde der Gruppe gut tun? Brauchen wir wirklich einen Halbling, der in der Lage ist, sein Mittagessen im Garten anzubauen oder wäre nicht vielleicht ein starker Zwerg jemand, der die Gruppe besser unterstützen könnte? Tja, wenn man an dieser Stelle schon wüsste, welche Abenteuer der Spielleiter für die Gruppe bereit hält, dann wäre manch eine Entscheidung wohl etwas leichter gefällt …

Ich würde behaupten, dass es äußerst selten passiert, dass es in einer Spielgruppe Spieler gibt, die allesamt die gleichen Charakterarten wählen. Noch nie habe ich es in einer ABOREA Runde erlebt, dass nur Zwergenkrieger oder nur kleingewachsene Waldläufer um den Tisch herum saßen.

Und das ist das wunderbare am Rollenspiel!

Jeder kann das sein, was er sein möchte. Er kann sich so verhalten, wie er es im realen Leben nicht unbedingt tun würde. Oder aber er verhält sich genau so, wie es auch für ihn normal wäre. All diese Verhaltensweisen sind möglich, solange die Story stimmt und der Spielercharakter authentisch bleibt. Denn, mal ganz ehrlich, ein Priester, der regelmäßig darauf pfeift, was sein Gott ihm sagt, ist nur authentisch, wenn seine Geschichte dieses Verhalten erklärt. Aus einer bloßen Laune heraus würde solch ein Verhalten auf Dauer den Spielspaß der gesamten Gruppe einschränken.

Was ist der richtige Charakter?

Eine Frage, auf die ich in den letzten 15 Jahren keine Antwort gefunden habe. Wie oft saß ich da, dachte mir: “Oh man, wäre ich doch nur ein Krieger und nicht so ein komischer Barde, dann würde mir das das Leben jetzt gerade echt leichter machen.” Ein guter SL weiß hier zum Glück immer zu helfen und schafft es, auch die Charaktere in den Mittelpunkt zu schieben, die sich vielleicht gerade Fehl am Platze fühlen.

Ja, es ist nun einmal so, dass ein Barde in einer empirischen Schlacht vielleicht nicht so gut mit der Waffe kämpfen kann, wie es der Zwerg mit dem Zweihänder tut.
Vielleicht hat der Barde selbst sein Potenzial aber nur noch nicht richtig erkannt. Vielleicht ist seine Waffe gar nicht aus geschmiedetem Stahl sondern viel mehr anderer Natur und hilft ihm Kampf nicht weniger, als es ein Schwert täte …

Ich denke, es gibt den richtigen Charakter nicht.

Aber je mehr ihr euch auf euren selbsterschaffenen Charakter einlasst, desto richtiger wird er werden. Ihr werdet ihn kennenlernen, seine Stärken und Schwächen zu spüren bekommen. Ihr werdet euch mit ihm freuen, seine Fortschritte feiern und mit ihm leiden, wenn er im Kampf verletzt wird und es kritisch wird. Es ist vor allem wichtig, dass ihr euch in ihn hineinfühlt und auch einmal Dinge tut, die ihr selbst vielleicht für unsinnig halten würdet. Wenn euer Charakter diese Entscheidung in dem Moment als richtig erachtet, dann soll es eben diese Entscheidung sein, die gefällt wird. Mit allen Konsequenzen, die so etwas mit sich bringen kann.

Das ist doch das, was uns alle zum Rollenspiel zieht, oder nicht?

Dass wir mal jemand sein können, der wir nicht sind. Dass wir herausfinden können, wie sich Entscheidungen anfühlen, die wir so vielleicht nicht getroffen hätten. Dass wir offen sind für die – manchmal schier unglaublichen Dinge – die uns in einem Abenteuer begegnen. Dass wir die Zeit vergessen und die Realität mal hinter uns lassen. Und abtauchen in eine phantastische Welt, in der Zeit und Raum einfach anders funktionieren, als in unserer Realität. Dass wir nie wissen, was hinter der nächsten Ecke auf uns wartet.

Wie sieht es denn bei euch aus? Erschafft ihr euch selbst in einem anderen Körper, wenn ihr einen Charakter erstellt? Oder wählt ihr bedacht etwas aus, dass euch als Person, euren Ansichten und Eigenheiten eigentlich eher widerspricht?

3 Idee über “Der “richtige” Spielercharakter

  1. Kaddy sagt:

    Hallo Tobi! Als Charaktere für Einsteiger würde ich den Krieger, Priester, Waldläufer oder den Dieb empfehlen. Die halten alle ein bisschen was aus und auch Neulinge werden die Grundzüge dieser Charaktere kennen bzw leicht verstehen. Bei Magiern, Barden und Schamanen wird es schon, für Spieler, die ihre ersten Erfahrungen machen, etwas aufwendiger – wegen der Magie und der besonderen Berufs-Boni.

  2. Pingback: Lerne deinen Charakter kennen – ABOREA

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert