von Birgit Oppermann
In Fantasiewelten eintauchen, den Verlauf von spannenden Geschichten mitbestimmen, selbst die Rolle von Held:innen einnehmen, gemeinsam Abenteuer erleben … Das lieben nicht nur Erwachsene, sondern natürlich auch Kinder. Kann man mit Kindern ABOREA spielen? Klar! Allerdings solltet ihr dabei ein paar Dinge beachten. Welche genau, darum geht es in diesem Artikel.
Ab welchem Alter können Kinder Rollenspiele spielen?
Vielleicht ist es dir schon einmal aufgefallen: Auf der ABOREA-Box steht „14+“ als Altersangabe. Heißt das, dass ABOREA für jüngere Kinder generell ungeeignet ist? Auf keinen Fall! Die Altersangabe gibt einen Richtwert, ab wann sich Jugendliche die Regeln selbst aneignen und eigenständig Spielrunden leiten können. Natürlich gelingt das vielen auch schon etwa ab 12. Und gemeinsam mit einer erwachsenen Spielleitung können Kinder schon viel früher ABOREA spielen.
Wann ist der Zeitpunkt gekommen, an dem man die Kinder an das eigene geliebte Hobby heranführen kann? Das kann sehr unterschiedlich sein. Manche Kinder haben schon mit 5 oder 6 Jahren Freude an kurzen Abenteuern, andere sind mit 8 oder 10 soweit. Der richtige Zeitpunkt hängt von unterschiedlichen Faktoren ab:
- Interesse: Ist das Kind für diese Art des Spiels zu begeistern und hat es Lust, sich darauf einzulassen?
- Regelverständnis: Ist das Kind bereit und in der Lage, sich beim Spielen an bestimmte Regeln zu halten?
- Konzentrationsfähigkeit: Wie lange kann das Kind stillsitzen und sich auf die Geschichte konzentrieren? Reicht das wenigstens für eine kurze Szene aus?
Im Zweifel lohnt es sich, einfach mal eine Spielrunde auszuprobieren und zu schauen, was funktioniert. Dazu gehören allerdings ein paar Vorüberlegungen und Anpassungen.
Welche Aborea-Abenteuer sind für Kinder geeignet?
In der Box sind mindestens zwei Abenteuer enthalten, die auch für (etwas größere) Kinder spielbar sind:
- „Diebe in Leet“: Bei diesem Kurzabenteuer geht es darum, eine Reihe von Diebstählen in Leet aufzuklären. Im Verdacht steht eine Gauklertruppe, aber tatsächlich ist ein ganz anderes Wesen der Dieb … Du solltest in diesem Abenteuer den Aspekt der Selbstjustiz vielleicht ein wenig reduzieren, aber ansonsten ist es sehr gut für Kinder geeignet.
- „Tix in Not“: In diesem Mini-Abenteuer braucht Pixie Tix die Hilfe der Spielergruppe. Ein Verwandter wurde von drei „Riesen“ gefangen genommen, die Tix nun erpressen. Um ihn zu befreien, muss die Gruppe zunächst einen schwierigen Weg durch den Casnewydd bestehen und es anschließend mit drei Trollen aufnehmen. Bei den Begegnungen mit der Blutranke und den Trollen kann es eventuell gruselig werden. Es gibt aber immer Möglichkeiten, einen Kampf zu vermeiden.
Natürlich kannst du auch die anderen Abenteuer aus der Box oder von der Homepage so anpassen, dass sie für deine Kindergruppe funktionieren. Oder du schreibst selbst Abenteuer, die genau an den Interessen der Kinder ansetzen:
Abenteuer für Kinder gestalten
Je kleiner die Kinder sind, mit denen du spielst, umso genauer solltest du dir anschauen, welche Themen und Aspekte im geplanten Abenteuer vorkommen.
Gewalt und Tod sollten in einer Rollenspielrunde für Kinder höchstens sehr bedacht eingesetzt werden. Das heißt natürlich nicht, dass ihr auf Kämpfe komplett verzichten müsst. Aber ihr könntet zum Beispiel die Regel einführen, dass ein SC oder NSC bei weniger als null Trefferpunkten nicht stirbt, sondern einfach aus dem Spiel ausscheidet. Wenn Kämpfe vorkommen, solltest du keine allzu blutigen Szenen beschreiben.
Folter, Misshandlung, Leichenfunde etc. sind Themen, mit denen Kinder nur schwer umgehen können und auf die du deshalb verzichten solltest. Auch Sex, Alkohol und Drogen haben in Abenteuern für Kinder nichts zu suchen, zumindest nicht unkritisch.
Außerdem können Kinder vor Monstern oder gruseligen Beschreibungen Angst bekommen. Hier ist (wie auch sonst im Rollenspiel) Empathie gefragt, um rechtzeitig zu merken, wenn es für die Kinder unangenehm wird. Welche Aspekte schwierig sind, hängt sehr stark vom Alter und Charakter der Kinder ab.
Diese Tipps helfen dir, wenn du Abenteuer für Kinder gestalten willst:
- Plane keine zu langen Sitzungen! Das Abenteuer sollte in sehr kurzen Abschnitten Erfolgserlebnisse ermöglichen. Das hält die Motivation länger aufrecht. Außerdem gibt es dir die Option, an unterschiedlichen Stellen zu unterbrechen, wenn die Konzentration der Kinder nachlässt.
- Baue Action-Elemente ein! Die Konzentration und Begeisterung der Kinder hält deutlich länger an, wenn sie sich zwischendurch bewegen und aktiv werden können. Sie könnten zum Beispiel in der Wohnung oder im Garten platzierte Gegenstände suchen. Oder du lässt sie in Szenen, in denen die Charaktere laufen oder klettern müssen, tatsächlich ein wenig rennen, unter dem Tisch durchkriechen oder andere Bewegungsübungen durchführen. Ihr könntet sogar die Zeit stoppen und das Ergebnis ins Spiel einfließen lassen. Dadurch haben die Kinder noch mehr Einfluss auf den Erfolg der Charaktere als nur mit Würfeln.
- Orientiere dich bei der Themenfindung an Lieblingsmedien der Kinder! Das bedeutet nicht, dass du die Abenteuer von Paw Patrol oder Anna und Elsa nachspielen sollst. Aber es lohnt sich, dir die Themen anzuschauen, die die Kinder begeistern. Geht es häufig um Tiere und ihre Rettung? Müssen gruselige Wesen besiegt werden? Spielt Magie eine wichtige Rolle? Geht es um Freundschaft und Zusammenhalt? Oder mögen die Kinder Detektivgeschichten? Dann nimm ähnliche Themen als Aufhänger für dein Abenteuer.
- Baue das Abenteuer einfach auf! Je kleiner die Kinder sind, umso simpler sollte der Plot sein. Sonst verlieren deine Spieler:innen leicht den Überblick und wissen nicht mehr, was sie tun sollen.
- Reduziere Verrat und moralische Dilemmata! In guten Abenteuern für Erwachsene (oder größere Kinder) ist oft nicht alles so, wie es scheint. Hinter vermeintlich einfachen Fragestellungen verbergen sich dunkle Machenschaften oder „nette“ Leute entpuppen sich als üble Verräter. Wenn du mit sehr kleinen Kindern spielst, solltest du diese Aspekte reduzieren. Sie verkomplizieren das Abenteuer deutlich und sind für kleine Kinder nur schwer zu begreifen.
- Akzeptiere Kinderlogik! Kinder kommen auf völlig andere Ideen als Erwachsene. Und einige dieser Ideen sind wahrscheinlich nicht besonders „vernünftig“. Klar: Zu absurd sollte es auch nicht werden. Aber lass den Kindern ruhig Ideen und Vorgehensweisen durchgehen, die bei erwachsenen Spieler:innen niemals zum Erfolg führen würden. Kreativität und gemeinsamer Spaß sind wichtiger als Logik.
- Sorge für Anschauungsmaterial! Obwohl die meisten Kinder eine großartige Vorstellungskraft haben, macht Anschauungsmaterial das gemeinsame Verständnis leichter. Bereite deshalb Bilder der Charaktere, der Umgebung und der Gegner vor und/oder markiere den aktuellen Standpunkt der Gruppe auf einer kleinen Karte. Bild-KIs sind dafür eine große Hilfe. Übrigens: Auch Text-KIs können beim Schreiben von Abenteuern eine große Hilfe sein. Dazu findest du hier einen hilfreichen Blogartikel.
Leichte Regeln noch leichter machen
Die Aborea-Regeln sind im Vergleich zu anderen Rollenspielsystemen schon sehr überschaubar, deshalb ist Aborea für das Spiel mit Kindern gut geeignet. Trotzdem kannst du die Regeln noch weiter vereinfachen, um Kindern das Spiel zu erleichtern. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten, zum Beispiel diese:
- Zunächst könnt ihr natürlich auf alle Regeln verzichten, die als „Option“ oder „Erweiterung“ markiert sind.
- Die Attribute lassen sich vereinfachen, indem ihr nur den Modifikator verwendet und den genauen Attributwert nicht nutzt.
- Du könntest die Fertigkeiten komplett weglassen und nur die Attribute zum Würfeln heranziehen. Das eignet sich vor allem dann, wenn Kämpfe und Magie keine große Rolle spielen und wenn die mitspielenden Kinder noch sehr klein sind.
- Auch die umgekehrte Variante ist möglich: Spiele nur mit den Fertigkeiten und lass die Attribute weg.
- Oder du reduzierst die Fertigkeitenliste auf einige Basisfähigkeiten wie „Kämpfen“, „Zaubern“, „Wahrnehmung“, „Athletik“ und „Natur“. Mit diesen fünf Fähigkeiten sind schon sehr viele Spielsituationen abgedeckt. Auf die Unterscheidung der Waffengruppen kannst du zunächst genauso verzichten wie auf Gezielte Zauber und mehrere Spruchlisten. Zauber könnten dann so funktionieren: Ihr sucht bei Bedarf einen Zauber aus den Spruchlisten heraus, der zum gewünschten Effekt passt. Damit der Zauber wirkt, würfelt ihr zum Beispiel 5+ Rang des Zaubers (gegebenenfalls erschwert, falls der Gegner Magieresistenz besitzt). Dann könnt ihr auch auf Magiepunkte verzichten.
- Kämpfe kannst du noch einfacher machen, indem du auf den frei einsetzbaren Kampfbonus und die Schadenswertung verzichtest.
- Statt Magiepunkte oder Trefferpunkte zu verwenden, kannst du einfache Regeln einführen: Ein Charakter kann nur x-mal am Tag zaubern und nur y-mal am Tag einen Treffer einstecken, bevor er aus dem Spiel ausscheidet. Schergen könnten beim ersten Treffer besiegt werden, Bossgegner erst nach 3, 5 oder x Treffern.
Probiert einfach aus, was für euch gut funktioniert! Ihr könnt zum Beispiel mit sehr wenigen Regeln beginnen und nach und nach Erweiterungen einführen.
Die mitspielenden Kinder müssen die Regeln natürlich nicht im Detail kennen. (Das gilt auch für erwachsene Spieler:innen.) Du solltest ihnen dann erklären, welcher Würfelwurf sie in der aktuellen Situation zum Erfolg bringt und warum. Beispiel: „Du bist besonders geschickt und kannst dir gute Tricks ausdenken. Deshalb reicht eine 5 oder mehr, um heimlich ins Haus zu schleichen.“
Welche Charaktere eignen sich für Kinder?
Natürlich können Kinder alle Charaktere spielen, auf die sie Lust haben. Gerade jüngere Kinder wollen vermutlich auch im Spiel Kinder bleiben. Vielleicht haben sie auch Lust auf Tiere oder Märchengestalten. Kein Problem! Passe die Aborea-Welt und die Charaktere an eure Bedürfnisse an! Es ist eure Welt und euer Spiel. Ihr habt alle Freiheiten, sie ganz nach euren Wünschen zu verändern.
Was mir noch so einfällt wäre eure Blogeinträge könntet ihr auch vorlesen und zusätzlich als Podcast veröffentlichen. Dann hättet ihr nochmal etwas mehr Reichweite.
Schon mal drüber nachgedacht?
Hallo Rainer! Nette Idee. 🙂