Das Whalbra-Gebirge: Ein gefährlicher Ort

Ein Auszug aus dem offiziellen Atlas-Text von Martin Franzke:

Im Westen von Palea liegen die Whalbra-Berge, Heimat des gleichnamigen Zwergenvolkes. Das drittgrößte Gebirge des Kontinents bildet ein schwer zu überwindendes Bollwerk zwischen Oriont und Ilthur im Osten sowie Nieleq und Aquin im Westen.

Südwesten

Die unteren Lagen sind dicht bewaldet, doch von Nord nach Süd erstrecken sich zahllose Reihen baumloser Grate und Gipfel. Sie ragen in immense Höhe und manche von ihnen sind selbst im Hochsommer von Schnee und Eis bedeckt.

Nur wenige Pässe führen über das Gebirge und keiner von ihnen ist das ganze Jahr über begehbar. Selbst für Ortskundige ist eine Überquerung der Whalbra-Berge mit hohen Risiken verbunden – unter anderem, weil sie für schnelle Wetterumschwünge berüchtigt sind.

Doch in diesem Gebirge ist ein Zwergenstamm ansässig:

Whalbra Kriegerzwerg

Die Whalbra sind kein kleines Zwergenvolk, aber weniger bekannt als ihre Verwandten im Zhark oder Andar. Das liegt wohl vor allem daran, dass sie nur wenig Kontakt zu Außenstehenden pflegen. Sie gelten nicht als gastfreundlich, auch nicht anderen Zwergen gegenüber, und bleiben am liebsten unter sich. Sie betrachten das gesamte Gebirge als ihr Eigentum und sehen es nicht gerne, wenn Fremde dort herumstreifen oder sich sogar niederlassen, beispielsweise um Bergbau zu betreiben.

Die wenigen Fremden, die Kontakt mit den Whalbra haben, beschreiben sie als überaus mürrisch und stur, selbst im Vergleich zu anderen Zwergen. Sie haben derbe Umgangsformen, verstehen keinen Spaß und geraten schnell in Zorn. Besonders empfindsame Geschöpfe sagen zudem, sie spüren in der Gegenwart der Whalbra-Zwerge etwas Düsteres, Bedrohliches, das sich aber schwer in Worte kleiden lässt. Manche sprechen von einem ›Schatten auf ihren Seelen‹, was auch immer das bedeuten mag.

Dennoch haben sie in der Geschichte Paleas eine nicht unbedeutende Rolle gespielt.

Im vierten Jahrhundert schützten sie die westlichen Lande vor den Orks, die sich zwischen dem Whalbra-Gebirge und dem Glänzenden Meer breitgemacht hatten. Mehrmals sollen sie versucht haben, sich auch nach Westen auszudehnen, doch die grimmigen Zwerge brachten ihnen schreckliche Verluste bei.

Es war die Zeit von Regnar, einem von nur wenigen Whalbra-Zwergen, die weit über ihre Heimat hinaus bekannt wurden. Der Legende nach war er ein Meister der doppelblättrigen Axt, wie es seither keinen mehr gegeben hat. Unter den Orks soll er schließlich so gefürchtet gewesen sein, dass sie seinen Namen nicht laut auszusprechen wagten und jeden bestraften, der es dennoch tat.

Whalbragebirgskette Sepia

Auch im Krieg gegen den Dornenkönig spielte das Whalbra-Volk eine Rolle: Es verhinderte, dass dessen Heere sich in das Bergland zurückziehen und dort verschanzen konnten. Bis heute hat die Wachsamkeit der Zwerge an ihrer Ostgrenze offenbar kaum nachgelassen.

Dort befinden sich die bedeutendsten und wehrhaftesten ihrer Festungen, die als Trutzberge bezeichnet werden. Sie sind an strategisch wichtigen Punkten in steile Berghänge hineingebaut. Da der größte Teil unterirdisch angelegt ist, lassen sich ihre tatsächlichen Ausmaße nicht abschätzen, aber schon die sichtbaren Wehranlagen müssen auf jeden Angreifer entmutigend wirken. Die Mauern und Türme sind teilweise direkt aus dem Felsgestein herausgehauen oder so angelegt, dass sie wie natürliche Strukturen in den Berg übergehen.

Es gibt nichts Brennbares an ihnen: Tore, Gatter und Dächer bestehen aus Schmiedeeisen. Bis in schwindelerregende Höhe türmt sich Wehrgang über Wehrgang, jeder so angelegt, dass man die darunter liegenden Bereiche mit Geschossen und alchimistischem Feuer überschütten kann. Sie zu stürmen bedeutet, gegen das Gebirge selbst anzurennen.

Mit einer ganzen Kette solcher Burgen schützen die Whalbra-Zwerge vor allem die Ostflanke der Berge vom Quellgebiet des Vishura bis hinauf zum Ilus-R’Agos, dem nördlichsten und zugleich größten bekannten Trutzberg. In geringerer Zahl findet man sie auch an den westlichen Hängen und sogar im Hochgebirge. Auch die Bergbausiedlungen und unterirdischen Städte der Zwerge sind über das gesamte Gebirge verteilt. Wie viele es gibt, wissen nur die Whalbra selbst; in den Karten der Menschen sind nur die wenigsten verzeichnet.

All ihre Siedlungen sollen mit einem Netzwerk geheimer Pfade verbunden sein, über die sie rasch Nachrichten austauschen, Waren transportieren und auch Truppen bewegen können. Denn wenngleich sie sich Fremden gegenüber grob und abweisend verhalten, scheinen sie doch eine starke Gemeinschaft zu bilden, in der jeder für den anderen einsteht.

Einst führten die Zwerke Krieg gegen einen feuerspeienden Drachen namens Calamogh.

Whalbra Drache
Eine kulturelle Besonderheit der Whalbra ist, dass sie auf die Verarbeitung von Holz verzichten, soweit es ihnen möglich ist.

Gebrauchsgegenstände aller Art machen sie aus Stein und Metall. Ihre Bergwerksstollen werden nicht von Balken gestützt, sondern von steinernen Säulen. Auch ihre Waffen haben oft keine hölzernen Bestandteile.

Diese Eigenheit geht auf die Überlieferungen um einen feuerspeienden Drachen namens Calamogh zurück, gegen den die Zwerge einst Krieg geführt haben. Zu dieser Zeit galt Fondek, ein Nachfahre des legendären Regnar, als größter Held des Volkes. Zudem besaß er Kenntnisse über mächtige Runen, die damals wie heute nur wenigen Zwergen bekannt waren. So schmiedete er Schutzzeichen gegen das Drachenfeuer in seine Rüstung ein. Sie sollten dafür sorgen, dass er sich Calamogh gefahrlos nähern und ihn dann im Nahkampf stellen konnte. Doch die Zeichen wirkten nicht wie vorgesehen. Er selbst blieb unversehrt, ebenso das meiste, was er bei sich trug, aber das Feuer zerstörte die hölzernen Schäfte seiner Waffen.

Klerikerzeichen

So stand Fondek völlig unbewaffnet dem Drachen gegenüber, der ihn darauf mühelos töten konnte. Für Fondeks Volk war das eine große Schmach, die bis heute nicht gerächt ist: Calamogh haust angeblich noch immer irgendwo im Gebirge.

Der Zorn der Zwerge richtete sich daraufhin auf die Baumgeister der Bergwälder. Ihrer Ansicht nach waren diese schuld daran, dass die Macht der Schutzrunen am Holz der Waffen gescheitert war. Sie sahen darin einen Beweis, dass die Geister sich mit dem Drachen gegen die Zwerge verbündet hatten. Nie wieder wollten sie sich auf die Bäume verlassen. Zwar schlagen die Whalbra noch immer große Mengen Holz in den Bergwäldern, doch sie nutzen es für nichts, das Bestand haben soll. Es dient ihnen lediglich als Brennmaterial. So üben sie mit jedem Holzscheit, den sie ins Feuer werfen, auch Vergeltung für Fondeks unrühmlichen Tod.

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