von Maria Kunath
Mein Vater war ein Fischersmann
tageins fuhr er zur See.
Er kam und ging mit Otums Wind
bracht heim die Fische ganz geschwind
und mir eine Meerrose.
Einst bracht er heim ein Mann vom Meer
von schlanker schöner Gestalt.
Nahm meine Hand zum Kuss,
weckte Vaters Verdruss,
schenkte er eine Meerrose.
Mein schönes Kind, so geh mit mir
in die Flut, hinab in mein Reich.
Meerrosen sollen dir gehör’n
mir sollst deine Liebe schwör’n,
Komm mit mir, komm sogleich.
Doch Vater schrie, hinfort, du Schuft,
mein Kind noch immer ist mein.
Nahm seinen Speer und senkt ihn tief,
egal wie sehr ich gegen rief,
in den Fremden hinein.
Nun sind sie fort, Vater und Mann,
verflucht vom Meervolk floh er hin,
ich trug den Fremden raus zum Meer,
wo er in Fluten unterging,
saß hier im Sand ein garstig’ Ding
mit meiner Meerrose.
Ballade “Der Fischer und der Meermann”, ein bekanntes Lied bei Fischern
An den Küsten Aboreas trifft einen Reisenden die ganze Gewalt und
Schönheit des Meeres. Unwillkürlich erstarren wir in Ehrfurcht vor den
Göttern, die Herren dieser Gewässer sind, ganz gleich in welchem Land.
Vielleicht ist es auch nur ein einziger Gott, der überall andere Namen
kennt. Die Furcht vor den Tücken des Meeres ist sicher so alt wie diese
Götter selbst. Zahlreiche Sagen und Legenden erzählen von wütenden
Stürmen, die nur wahre Gläubige überleben, Wunder in windstillen Reisen,
die doch noch ans Ziel bringen und Flüche denen, die den Meeresgöttern
und ihrem Volk verwehren wollen, was sie begehren.
Solche Geschichten handeln von diebischem Meervolk, das Jungfrauen
raubt, von lockendem Meervolk, das Verderben hinter süßem Lächeln
verbirgt oder von gnädigem Meervolk, das undankbar vom Geretteten
zurückgelassen wird. Eines haben diese Erzählungen jedoch alle
gemeinsam: Wer die Meeresbewohner kränkt oder gar Schlimmeres, wird mit
einem bösartigen Fluch belegt. Eine Kruste legt sich über die Haut, wie
ein Panzer oder trockener Stein, Zehen verbiegen sich zu Krallen, Hände
zu mächtigen Scheren und das Gesicht verformt sich zu einer Fratze mit
vielen kleinen Augen, aus der mehrgliedrige Mundzangen wie von Krebsen
ragen.
In Fischerdörfern und Küstenstädten nennt man diese Wesen Vakrib, “vom Meer Verfluchte”.
Sie sind Einzelgänger und leben sehr zurückgezogen an einsamen Stränden
oder in Höhlen unter steilen Klippen. Ihr sandfarbener, harter Panzer
lässt sie auf den ersten Blick wie ein Stein aussehen, wenn sie an einem
Strand zusammengekauert lauern. Vorwitzige Abenteurer nehmen sie vor
allem über den Geruch und leichte Erschütterungen des Bodens wahr, da
ihr Kopfpanzer sowohl ihr Sichtfeld als auch ihr Gehör einschränkt.
Man erzählt sich, dass die Vakrib in der ersten Zeit Ihres Fluchs noch
ihre vorherige Persönlichkeit behalten. Obwohl sie kaum mehr als Silben
sprechen, klammern sie sich aber an Dinge, Orte oder Personen aus ihrem
früheren Leben und sind sich ihres Zustands bewusst. Greift man einen
solchen Vakrib nicht an, ist er meist viel zu sehr in seiner Trauer
gefangen, um einen Kampf zu beginnen. Mit der Zeit schwindet jedoch das
frühere Sein aus ihnen und sie werden eins mit den schrecklichen Tieren,
zu denen sie geworden sind. Einsamkeit, Verständnislosigkeit und Wut
übernehmen die Oberhand und das Bedürfnis, sein Leid zu teilen, macht
den Vakrib zu einem aggressiven, vom Instinkt getriebenen Wesen. In
diesem Zustand attackieren sie alles und jeden mit dem Drang zu töten.
Dazu setzen sie vor allem ihre großen Scherenhände ein, die sie als
Prügel oder zum Greifen und Zerquetschen Ihres Gegners einsetzen. Ihr
massiger Körperbau und der harte Panzer machen sie robust gegen
körperliche Angriffe. Manchmal, wenn sie nahe genug an einem Opfer sind
und es noch nicht von ihren Scheren zerteilt wurde, versucht ein Vakrib
es zu beißen. Seine Mundwerkzeuge krallen sich in das Fleisch des Opfers
und halten es fest, während die Zähne kraftvoll zubeißen. Es ist
möglich, dass sie bei diesem Angriff Fleisch herausreißen und ihr Ziel
verblutet, ein Überleben bedeutet jedoch keine Sicherheit. Die Stiche
der Mundwerkzeuge übertragen ein Sekret, das bei mangelnder
Widerstandskraft den Fluch des Vakrib weitergeben kann. Selbst wenn man
das Monster also besiegt, kann einige Zeit vergehen, ehe man die
wirkliche Gefahr begreift. Es gibt Geschichten über Versuche, Verfluchte
zu heilen, durch ein Götterwunder oder denjenigen, der den Fluch einst
aussprach. Ob allerdings etwas Wahres daran ist…
Vakrib (SG 10)
TP 28, INI -1, Klaue/Scherenklaue/Biss, KB Klaue 5/Scherenklaue 4/Biss
3, Schaden Klaue +1/Scherenklaue +2/Biss -1, Rüstung 9, Blutende Wunde,
Ergreifen, Fluch des Vakrib, Mehrfachangriff, Tarnung, Zerquetschen,
Schatz A.
Blutende Wunde: Bei einem erfolgreichen Biss eines
Vakrib, der beim Ziel mindestens einen Punkt Schaden verursachte,
erleidet dieses zusätzlich eine Blutung. Die Blutungen mehrerer Bisse
werden aufsummiert. Sofern Sie die optionale Regel „Blutungen“
(Spielerheft S. 34) nicht verwenden, senken Sie den SG der Kreatur auf 9
und ignorieren diese besondere Fähigkeit des Vakrib.
Ergreifen: Gelingt dem Vakrib ein Angriffswurf mit
seiner Scherenklaue, so kann er statt Schaden anzurichten den Gegner
ergreifen und festhalten. Ein so fixierter Gegner kann nur noch eine
seiner Hände/Angriffe einsetzen (KB halbiert, aufgerundet) und keinen DB
verwenden. Zudem erhält der Vakrib einen Bonus von +2 auf seinen
Biss-Angriff gegen das Ziel, kann selbst aber nur noch mit einer seiner
anderen Waffen (Klaue oder Biss) angreifen. Zur Befreiung ist ein
erfolgreiches Manöver Athletik (ST oder GE) gegen eine MS in Höhe des
ursprünglichen Angriffswurfes erforderlich. Bis zu zwei befreundete
Charaktere können bei einem Befreiungsversuch helfen (Manöverbonus von
+1 pro Helfer).
Fluch des Vakrib (SG 7): Der Biss eines Vakrib kann den
Fluch der Kreatur auf sein Opfer übertragen. Wird die Option
„Widerstandwürfe“ (Spielleiterheft S. 18) verwendet, so steht dem
gebissenen Charakter ein Widerstandswurf [Konstitution gegen MS 15] zu.
Bei einem Fehlschlag wird sich das Opfer im Laufe von 3W10 Tagen in
einen Vakrib verwandeln. Sofern es nicht binnen einer Frist von
[Intelligenz] Monaten von seinem Fluch erlöst wird, muss es bis zu
seinem Tod in seiner neuen Form existieren. Wie genau der Fluch
gebrochen werden kann, ist dem Spielleiter überlassen. Folgende Zauber
könnten aber gegen den Fluch wirksam sein: Wunder (Zeichen 6), sofern
die Götter es wollen, sowie Erlösung (Wunder 7) oder Bann brechen
(Schamanenmagie 8). Es sind aber auch weitere, ausgefallenere Wege
denkbar.
Mehrfachangriff: Der Vakrib kann in jeder Runde zwei
seiner Angriffe verwenden. Er kann entweder mit Klaue und Scherenklaue,
Klaue und Biss oder Scherenklaue und Biss angreifen. Setzt er seine
Fähigkeit „Ergreifen“ ein, so kann er neben einem Biss- oder
Klauenangriff nur noch die Fähigkeit „Zerquetschen“ einsetzen. Alle
durch Mehrfachangriff entstehenden Malusse sind bereits in seinen Werten
berücksichtigt.
Tarnung: Ein Vakrib kann in sandiger Umgebung über
lange Zeit regungslos verharren, während er auf Beute lauert. Zur
Entdeckung der Kreatur ist dann ein schweres Manöver Wahrnehmung (IN)
erforderlich. Passiert ein ahnungsloser Charakter einen lauernden
Vakrib, so kann dieser einen Überraschungsangriff mit einer seiner
Klauen ausführen. Ein überraschtes Ziel kann gegen diesen Angriff nicht
den DB zur Verbesserung der Verteidigung einsetzen.
Zerquetschen: Nach einem erfolgreichen Angriff zum
Ergreifen (siehe dort), kann der Vakrib in jeder folgenden Runde den
gefangenen Charakter zerquetschen und so automatisch den vollen
Grundschaden der Scherenklaue verursachen.