Monster des Monats: Die Glimmermantide

Autorin: Birgit Oppermann, Werte: Tobias Freund

Im Mittagslicht, so klar und hell,
da blitzt ein Funken, blendend grell.
Die Glimmermantide hält hier Wacht,
mit Flügeln, wie aus Glas gemacht.
 
Die Jägerin im sanften Schein,
ihr Panzer schimmert zart und fein,
mit Klauen, scharf wie Nachtkristall,
ein schneller Sprung, der Beute Fall.
 
Still herrscht sie in der Baumeskron,
ein Geist, der hier im Schatten wohnt,
Ein Flüstern nur, ein Flügelschlag,
welch Wissen sie wohl bergen mag?

Hier im Dorf kennt das Lied von der Glimmermantide jedes Kind. Die Apothekerin, die zweimal im Jahr vorbeikommt, hat sogar ein Paar ihrer schimmernden Flügel in ihrem Wagen hängen. Eine Glimmermantide zu sehen, das bringt großes Glück, erzählen die Großmütter ihren Kindern.

Doch das, was in den letzten Tagen am Waldrand neben dem Dorf passiert, hat nichts mit Glück zu tun. Eine Glimmermantide zu sehen mag ein gutes Omen sein. Doch das hier sind Dutzende, wenn nicht Hunderte auf einmal, und es werden immer mehr …

Aussehen und Lebensweise der Glimmermantide

Die Glimmermantide ist ein großes, schillerndes Insekt, das an eine gewaltige Gottesanbeterin erinnert. Ihr Körper kann länger werden als der Unterarm eines Mannes, viel größer jedenfalls als die meisten anderen Insekten. Ihr Panzer schimmert irisierend, ähnlich wie Perlmutt. Und ihre Flügel wirken fast wie zarte, pastellfarbene Buntglasfenster, wie es sie in manchen großen Städten an den Tempeln und Adelshäusern gibt. Die langen Vorderbeine sind mit Dornen besetzt und enden in krallenartigen Greifern.

Glimmermantiden ernähren sich von Vögeln, Säugetieren oder Reptilien. Meist handelt es sich dabei um eher kleine Tiere wie Mäuse, Eichhörnchen oder Amseln. Aber es soll auch schon Exemplare gegeben haben, die einen ausgewachsenen Feldhasen oder sogar einen Fuchs erbeutet haben. Kleine Kinder werden jedenfalls mancherorts von ihren Eltern und Ammen gewarnt, sie könnten die Beute einer Glimmermantide werden.

Die schimmernden Fangschrecken sind Lauerjäger. Sie verbergen sich im Gebüsch oder in Baumkronen und warten darauf, dass eine passende Beute vorbeikommt. Stundenlang harren sie auf diese Weise unbewegt aus, um dann in einer blitzschnellen Bewegung vorzuschnellen und zuzuschnappen.

Wenn der erste Angriff nicht gelingt, setzt eine Gimmermantide eine besondere Fähigkeit ein: Indem sie ihre Flügel auf bestimmte Weise ins Licht dreht und zusammenschlägt, kann sie ein grelles Blendlicht erzeugen, das die Beute für kurze Zeit orientierungslos macht. Die Mantide nutzt die gewonnenen Sekunden für einen zweiten Angriff. Auf die gleiche Weise verteidigt sie sich, ihre Beute oder ihren Unterschlupf, wenn sie sich bedroht fühlt.

Der Himmelsreigen der Glimmermantide

Die meiste Zeit ihres Lebens verbringen Glimmermantiden einzelgängerisch. Nur alle drei bis vier Jahre finden sie sich zur Paarung in großen Schwärmen zusammen. Die Orte dieser Zusammenkünfte wechseln und decken ein riesiges Gebiet ab. Wie die Insekten zusammenfinden und den Ort wählen ist ein bisher ungelöstes Geheimnis.

Den „Himmelsreigen“ eines Mantidenschwarms zu erleben ist eine Erfahrung, die man wohl nur einmal im Leben macht. Aus der Ferne ist es ein beeindruckendes Schauspiel. Wählen die Glimmermantiden jedoch einen bewohnten Ort zum Schwärmen, können sie für die dort lebenden Personen und Tiere eine echte Bedrohung darstellen. In den wenigen Tagen ihrer Zusammenkunft fressen sie große Mengen an Beutetieren und hinterlassen große Verwüstungen in der ganzen Umgebung.

Wo die Glimmermantiden ihre Eier legen und wie die Larven oder Puppen aussehen, ist weitgehend unbekannt. Manche Forscher:innen würden für dieses Wissen einiges geben.

Stärken und Schwächen

· Tarnung: Trotz ihres schimmernden Körpers sind Glimmermantiden gut darin, sich zu tarnen. Gerade in einem sonnendurchfluteten Wald mit vielen Lichtreflexen sind sie kaum zu erkennen. Ihre beharrliche Bewegungslosigkeit macht sie noch schwerer zu entdecken.

· Blendendes Licht: Glimmermantiden sind in der Lage, mit ihren Flügeln ein intensives Licht auszustrahlen, das Beute oder Gegner vorübergehend blenden kann.

· Angriff: Mit ihren langen, scharfen und dornenbesetzten Vorderbeinen greifen sie blitzschnell und unerwartet an und können hässliche Wunden reißen.

· Beweglichkeit in der Luft und am Boden: In der Luft können Glimmermantiden sehr gut und sicher manövrieren, sodass sie nur schwer von Pfeilen oder Schwertschlägen zu treffen sind. Am Boden sind sie jedoch eher schwerfällig und nicht besonders agil. Sie brauchen außerdem einiges an Platz und mehrere Sekunden Zeit, um sich wieder vom Boden zu erheben.

· Licht und Dunkelheit: Ihre Kampf- und Verteidigungstechnik ist jedoch vom Vorhandensein von Licht abhängig. Da Glimmermantiden im Dunkeln kaum sehen können, sind sie nachts nahezu wehrlos und ziehen sich tief in Gebüsche oder Baumkronen zurück.

Abenteuerideen rund um die Glimmermantiden

· Ein Dorf, bei dem der Himmelsreigen der Glimmermantiden stattfindet, braucht sicher die Unterstützung einiger fähiger Abenteurer:innen. Vor allem dann, wenn die Insekten aus unerklärlichen Gründen nicht wie sonst üblich nach zwei bis drei Tagen wieder verschwinden …

· Die schillernden Flügel oder Panzer der Glimmermantiden sind in einigen Gebieten Paleas begehrt, um Schmuck herzustellen oder Töpferwaren und Kleidung zu verzieren. Deshalb sind die großen Fangschrecken ein begehrtes Jagdobjekt, wenn man passende Käufer:innen kennt.

· Die Suche nach den Insekten kann der Auftakt zu einem ganz anderen Abenteuer sein: Zoologisch Interessierte, die der Glimmermantide nachforschen und ihr Verhalten ergründen wollen, sind sicher dankbar für Begleitung und Schutz durch die Spielergruppe. Und in der Wildnis stößt diese vielleicht nicht nur auf die gesuchten Insekten, sondern auch auf eine ganz andere Bedrohung.

Spielwerte

Glimmermantide, Einzeltier (SG 3)
TP 2, INI +3, Fangbeine, KB 2, Schaden -1, Rüstung 7, Blendendes Licht, Wendiger Flieger, Mehrfachangriff, Tarnung, Schatz -.

Glimmermantide, Schwarm (SG 6)
TP 40, INI +1, Fangbeine, KB 10, Schaden +1, Rüstung 5, Wendiger Flieger, Schwarm, Schatz -.

Blendendes Licht:
Alle 1 Würfel Runden kann eine Glimmermantide mittels ihrer Flügel alle vor ihr befindlichen Gegner in bis zu 10 Meter Entfernung blenden (-8 Malus auf alle auf Sicht basierenden Manöver für eine Runde). Kann sie einen Gegner überraschen, so eröffnet sie einen Kampf meist mit dieser Fähigkeit.

Wendiger Flieger:
Angriffe auf einzelne Tiere in der Luft erhalten einen Malus von –4, ansonsten gelten die Regeln der besonderen Fähigkeit Fliegend (Spielleiterheft, S. 47).

Mehrfachangriff:
Eine Glimmermantide kann in derselben Runde mit beiden Fangbeinen angreifen.

Schwarm:
Nur während der Paarungszeit treten Glimmermantiden in großen Schwärmen auf. In einem Schwarm kann eine einzelne Glimmermantide Blendendes Licht, Mehrfachangriff und Tarnung nicht einsetzen und sie erhalten einen Malus von –2 auf Initiative und Rüstung (Bereits in den Spielwerten enthalten). Alle Angaben beziehen sich auf einen Schwarm von 20 Tieren.

Tarnung:
Eine lauernde Glimmermantide zu entdecken erfordert ein schweres Wahrnehmungsmanöver (MS10, IN), im direkten Sonnenlicht ist es sogar sehr schwer (MS12).