„Es ist wieder einmal Samstag Abend. Wir haben uns in unserem 5er Trupp getroffen, wie jedes Wochenende, um ABOREA zu spielen. Da sitzen wir nun: Der Spielleiter und wir 4 Spieler, die ihre Charaktere in die Geschichte losschicken wollen.
Schon seit einigen Wochen stecken wir mitten in einer Kampagne und sind unterwegs in Palea, um Aufgaben zu erfüllen, uns Gegnern entgegenzustellen, um Menschen und besondere Gegenstände wiederzufinden. Naja, und wir haben natürlich auch noch ein paar andere Dinge zu tun. Ihr kennt das sicher.
Und dann ist es so, wie es letztes Mal auch schon war: Ich habe das Gefühl, dass mein Spielleiter mich auf dem Kieker hat. Also besser gesagt: meinen Charakter, nicht wirklich mich. Er scheint die anderen irgendwie gleicher als mich zu behandeln und irgendwie komme ich nicht umhin mich zu fragen, ob die anderen in manchen Situationen bevorteilt werden.
Mir ist vollkommen bewusst, dass einige Dinge, die durch den Spielleiter in die Wege geleitet werden, nicht zuletzt auch dem Würfelglück zu verdanken sind. Schließlich hat auch der Spielleiter das gute Recht, Entscheidungen auszuwürfeln, anstatt sie selbst zu treffen. Und was es bedeutet, Würfelglück zu haben oder eben nicht, das wissen wir höchstwahrscheinlich alle. Aber hin und wieder überkommt mich das Gefühl, dass der Spielleiter sehr wohl eine alternative Situation hätte herbeiführen können. Ich werde sauer, bin frustriert und denke darüber nach, die Gruppe zu verlassen. Unter anderen Umständen würde ich ja bleiben, aber so …“
Könnt ihr euch vorstellen, dass es solche Unterhaltungen wirklich gibt? Schön für all jene von euch, die so etwas noch nicht erfahren mussten. Aber es gibt sie wirklich: Die gefühlte “Unfairness” am Rollenspielabend. Sie kann zum Beispiel so erscheinen, wie gerade beschrieben: Der Spielleiter mag meinen Charakter nicht, findet ihn anstrengend oder nervig und deswegen soll er leiden. Warum er nicht direkt einen schnell Tod stirbt? Das wäre zu offensichtlich. Langsam und qualvoll soll der Charakter Leid erfahren.
Was tun, wenn man der betroffene Spieler ist?
Reden, die goldene Regel, die ich immer wieder erwähne: Reden. Miteinander. Nicht übereinander. Es ist schön, wenn du dich bei deinen Mitspielern darüber aufregst, wie gemein der fiese Spielleiter doch zu dir ist. Bringen wird dir das jedoch vermutlich nichts. Die Gruppe zu verlassen wäre wohl auch ein Schnellschuss, schließlich kann in einem Gespräch klar werden, ob es überhaupt ein Problem gibt und wenn ja, wie es geartet ist.
Suche das Gespräch mit deinem Spielleiter und erzähle ihm in Ruhe und bestenfalls unter vier Augen, wie du dich gerade in der aktuellen Spielsituation fühlst. Erinnere dich an Beispiele und zeige sie auf, damit dein Gegenüber direkt weiß, an welchen Punkten er offensichtlich bei dir angeeckt ist. Sage ihm ruhig auch, welche Konsequenzen das alles gerade für dich haben könnte, aber lass das Gespräch nicht so ausarten, dass du mit erhobenem Finger vor ihm stehst und ihn für alle Probleme dieser Welt verantwortlich machst.
Wenn der Spielleiter ein Problem mit dir als Spieler hat, wird es wahrscheinlich schwerer, das Problem zu lösen. Jeder – egal, ob SL oder Spieler – spielt ABOREA, weil er Freude daran haben möchte. Solche Momente mit Menschen zu teilen, die man nicht leiden kann, ist schwierig. Und doch kommt es immer wieder mal vor, dass jemand Neues in eine bestehende Gruppe kommt. Und dann stimmt die Chemie einfach nicht.
Oder: Ist der Spieler vielleicht zu sehr Powergamer oder zu sehr Method Actor? Solche Problematiken kann man nur ganz direkt ansprechen und versuchen, zu lösen. Wenn man selbst der- oder diejenige ist, die offenbar nicht so gut in die Gruppe passt, ja, dann ist es vielleicht an der Zeit, sich eine neue Spielgruppe zu suchen.
Hat der Spielleiter jedoch „nur“ ein Problem mit dem Charakter eines Spielers, dann gibt es verschiedene Möglichkeiten, damit umzugehen. Versucht zunächst einmal, herauszufinden, was das Problem ist. Ist der Charakter anstrengend? Frech? Fühlt sich der SL durch das Verhalten des Charakters provoziert? Hat er vielleicht das Gefühl, dass der Charakter absichtlich so handelt, wie er es eben tut, um sein Abenteuer zu crashen? Die Bandbreite der Möglichkeiten ist lang. Sollte eine Charaktereigenschaft das Problem sein, könnte man vielleicht überlegen, den Charakter etwas zu verändern. Dass das mancher Spieler nicht möchte, ist verständlich – schließlich ist es „sein“ Charakter. Eventuell kann man auch über den Charaktertod nachdenken, um so kurzfristig einen neuen, anderen – hoffentlich passenderen – Charakter anstatt dessen ins Spiel einzuführen.
Bei solchen Gesprächen kann es aber auch sein, dass herauskommt, dass es gar kein Problem gibt. Also kein reelles, sondern nur eines, das der Spieler in seinem Kopf hat. Vielleicht war es nur eine Aneinanderreihung ungünstiger Zufälle oder ein mehr nett als gemein gemeintes „Kitzeln“ seitens des Spielleiters, um den Spieler ein bisschen mehr zu fordern?
Ihr trefft euch beim ABOREA spielen ja eigentlich eh, um miteinander zu reden. Dann nutzt eure Kenntnisse in Wissen: Sprache doch einfach mal, um Probleme, die eventuell existieren, zu klären. Dann könnt ihr euch wieder ganz euren wirklich wichtigen Problemen widmen: Denen, die sich euren Charaktere auf Palea entgegenstellen werden.